Landesarbeitsgericht Rostock
Urt. v. 21.10.2009 – 2 Sa 237/09
Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Darüber hinaus verstößt sie gegen Art. 9 Abs. 3 GG.
Darum geht es:
Trotz einer entsprechenden Verschwiegenheitsklausel in seinem Anstellungsvertrag hatte sich der Kläger mit einem Kollegen über die Höhe seines Gehalts ausgetauscht. Der Arbeitgeber reagierte prompt: mit einer Abmahnung. Über deren Wirksamkeit entschied das Gericht und gab dem Arbeitnehmer Recht. Eine Pflichtverletzung des Klägers lag nicht vor: Die Verschwiegenheitsklausel war unwirksam, die Abmahnung daher aus der Personalakte zu entfernen.
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Eine Klausel, die den Arbeitnehmer verpflichtet, die Höhe seiner Bezüge – aus Gründen des Betriebsfriedens – auch gegenüber anderen Firmenangehörigen zu verschweigen, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und widerspricht den Grundsätzen von Treu und Glauben im Sinne von § 307 BGB.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt: BAG, Urt. v. 15.07.2009 – 5 AZR 486/08) ist der Arbeitgeber auch bei der Lohngestaltung dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet. Ob er dieser Verpflichtung in puncto Gehalt ausreichend nachkommt, kann der einzelne Arbeitnehmer jedoch nur im Gespräch mit Kollegen ausloten. Dass ein solches Gespräch nur erfolgreich ist, wenn der Arbeitnehmer selbst auch bereit – und rechtlich in der Lage – ist, über seine eigenen Bezüge offen Auskunft zu geben, versteht sich – nach Ansicht des Gerichts – von selbst.
Das heißt: Könnte man derartige Gespräche wirksam verbieten, wäre es dem Arbeitnehmer nicht möglich, eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Lohngestaltung aufzudecken und ggf. vor Gericht geltend zu machen. Entsprechende Verschwiegenheitsklauseln sind daher unwirksam.
Verstoß gegen Koalitionsfreiheit
Darüber hinaus wird das Verbot – nach Ansicht des Gerichts – auch gegen die Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG verstoßen, da sie auch Mitteilungen über die Lohnhöhe gegenüber einer Gewerkschaft verbietet, deren Mitglied der betroffene Arbeitnehmer sein könnte. Sinnvolle Arbeitskämpfe gegen ein Unternehmen wären so nicht möglich, da die Gewerkschaft die Lohnstruktur nicht in Erfahrung bringen könnte.
Quelle: Landesarbeitsgericht Rostock – Urteil (2 Sa 237/09) vom 21.10.2009