Trittschallschutz, die zweite

Urteil des BGH vom 16.3.2018 – V ZR 276/16

Was bisher geschah:

Den Beteiligten gehören Eigentumswohnungen aus dem Jahr 1990. Die Beklagte wohnt über der Klägerin. Die Beklagte ließ den Estrich ihres Badezimmers im Zuge einer Modernisierung vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen. Die Klägerin will ein Schallschutzniveau erreichen, das dem Standard von 2012 entspricht.

Was das Gericht dazu sagt:

Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, eine Trittschalldämmung zu schaffen, die die DIN 4109 aus dem Jahr 1989 (Errichtung des Gebäudes) erfüllt. Mit der Revision verlangt die Klägerin den (höheren) Standard 2012.
Der Bundesgerichtshof lehnt das ab.
Die Beklagten haben zwar ohne Zustimmung der Klägerin eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vorgenommen, indem sie den Estrich entfernt und den Bodenaufbau sodann erneuert haben. Entscheidend war aber, ob der Klägerin dadurch ein Nachteil entstanden ist.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit geklärt, dass sich der Schallschutz grundsätzlich nach den Mindestanforderungen der zur Zeit der Gebäudeerrichtung geltenden Regeln richtet, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird (etwa Parkett statt Teppichboden), also das Sonder- und nicht das Gemeinschaftseigentum verändert wird. Ungeklärt war aber bisher, ob dieselben Maßstäbe gelten, wenn auch (wie hier) in den Estrich oder in die Geschossdecke, also das Gemeinschaftseigentum, eingegriffen wird.
Der BGH differenziert in diesem Fall nach der Schwere des Eingriffs. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornimmt, ist im Grundsatz zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zu einer „Ertüchtigung“ verpflichtet.
Wird allerdings – etwa durch einen nachträglichen Dachgeschossausbau – in erheblichen Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen, entsteht bei den übrigen Wohnungseigentümern die berechtigte Erwartung, dass bei dem Umbau des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums insgesamt die aktuellen technischen Vorgaben und damit auch die nunmehr geltenden Schallschutzwerte beachtet werden.
Dagegen kann bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder Modernisierung des Sondereigentums dienen, ein verbessertes Schallschutzniveau nicht beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich sind. Um eine solche typische Sanierungsmaßnahme handelt es sich in aller Regel auch dann, wenn – wie hier – bei der Sanierung eines vorhandenen Badezimmers in den Estrich eingegriffen wird.

Was das für die Praxis bedeutet:

Auch bei Sanierungsmaßnahmen, die in das Gemeinschaftseigentum eingreifen, bleibt es bei den Qualitätsstandards wie bei Errichtung des Gebäudes. Nur bei erheblichen Umbauten sind zu Gunsten der anderen Miteigentümer die aktuellen, evtl. schärferen Standards zu beachten.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2018

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