Oberlandesgericht Koblenz 22. Januar 2002
Az: 11 UF 338/01(Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, Pressemitteilung Nr. 127 E 2 – 30/02 v. 13.03.2002)
Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz ist für die Unterhaltspflicht Verheirateter für ihre Eltern wichtig.
Der klagende Kreis hat der Mutter des Beklagten Sozialhilfe gewährt und verlangt Rückerstattung, da der beklagte Sohn unterhaltspflichtig sei. Das Amtsgericht hatte den Sohn teilweise zur Erstattung verurteilt und dabei die Auffassung vertreten, dass das Einkommen der Ehefrau aus Vermögen (Haus) mit herangezogen werden müsse.
Dem widersprach das Oberlandesgericht.
Nach § 1603 BGB sei nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ausser Stande sei, ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dem Unterhaltspflichtigen müsse der sogenannte Selbstbehalt verbleiben, d.h. ein angemessener Betrag seines monatlichen laufenden Einkommens zur Deckung des seiner allgemeinen Lebensstellung entsprechenden Bedarfes.
Eine Herabsetzung dieses Selbstbehaltes lehnten die Richter ab. Der grundsätzlich unterhaltspflichtige Sohn sei nicht verpflichtet, aus seiner Teilhabe am Einkommen und Vermögen seiner Ehefrau den Unterhalt für seine Mutter zu bestreiten. Es sei anerkannt, dass ein Ehegatte nicht verpflichtet sei, seinem Ehepartner Geldmittel zur Verfügung zu stellen, damit dieser Elternunterhalt zahlen könne. Deshalb verbiete sich die Berechnung der Leistungsfähigkeit nach der sogenannten „Ein-Topf-Methode“. Diese Methode beruhe im Wesentlichen darauf, dass das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes und das seines Ehegatten zusammengerechnet werde, hiervon die Familienlast abgezogen werde und das verbleibende Einkommen sodann hälftig aufgeteilt werde. Diese Berechnung beruhe jedoch auf der Fehlvorstellung, dass sich der rechnerisch ergebende Betrag als Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes darstelle. In Wirklichkeit müsse dieser Fehlbetrag zwischen dem eigenen Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes und dem sich rechnerisch ergebenden Betrag jedoch durch Leistung des anderen Ehegatten gedeckt werden. Die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Kindes erhöhe sich damit gerade nicht. Zudem beruhe diese Methode auf der Vorstellung, dass innerhalb bestehender Ehe das Familieneinkommen den Ehepartnern zu bestimmten Anteilen oder hälftig zustehe. Dies lasse sich aber aus dem Gesetz nicht herleiten.
Die Richter rechneten dem Beklagten auch keinen Wohnvorteil zu, da sich das Wohnen im Haus der Ehefrau als freiwillige Leistung eines Dritten darstelle.
Da der beklagte Sohn unter Berücksichtigung des ihm nach Auffassung des Familiensenats zustehenden Selbstbehaltes nicht leistungsfähig war, wurde die Klage abgewiesen.