Bank verliert Prozess um Zockerpapiere

Urteil des BGH vom 22. März 2011 – XI ZR 33/10

Die beklagte Bank hat der Klägerin – einem mittelständischen Unternehmen – einen Zinssatz-Swap-Vertrage (CMS Spread Ladder Swap-Vertrag)  verkauft. Das Papier hat dem Unternehmen einen Verlust von mehr als einer halben Million EUR beschert. Die Bank wurde vom BGH auf  Schadensersatz verurteilt.

Die Bank habe ihre Beratungspflichten verletzt.

Nach zwei Beratungsgesprächen bei der Bank verpflichtete sich die Bank, an das Unternehmen aus 2 Mio EUR für die Laufzeit von fünf Jahren  Zinsen von 3% p.a. zu zahlen. Umgekehrt sollte das Unternehmen aus dem Betrag im ersten Jahr Zinsen von 1,5% p.a. an die Beklagte zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des „Spreads“ zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 – CMS 2) nach der Formel „Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike – (CMS10 – CMS 2)]“ berechnet. Die Höhe des „Strike“ lag anfänglich bei 1,0% und sank dann auf 0,85%, 0,70% und 0,55% ab.  Ale Zahlungen sollten saldiert werden. Eine Kündigung war  erstmals nach drei Jahren und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich.

In den Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der „Risiken“ unter anderem darauf hingewiesen, dass die Klägerin dann, wenn die Zinsdifferenz stark absinkt, höhere Zinszahlungen zu leisten hat als sie empfängt. Das Verlustrisiko der Klägerin bezeichnete die Beklagte als „theoretisch unbegrenzt“. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der Vertrag einen von der Beklagten bewusst einstrukturierten negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies. Nachdem die Zahlungspflichten für die  Klägerin laufend zunahmen, wurde das Geschäft schließlich gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages von 566.850 EUR aufgelöst.

Das Unternehmen hat die ersten zwei Instanzen verloren. Der Bundesgerichtshof hat hiervon abweichend die Bank zur Rückzahlung des Schadens verurteilt.

Eine Bank muss normerweise bei der Anlageberatung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen. Diese Erkundigungspflicht besteht auch, wenn an der Beratung auf Seiten der Klägerin  eine Diplom-Volkswirtin teilgenommen hat. Diese berufliche Qualifikation lässt für sich allein weder den Schluss zu, der Anleger habe Kenntnisse über die spezifischen Risiken eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, noch kann aus etwaig vorhandenen Vorkenntnissen des Kunden allein auf dessen Risikobereitschaft geschlossen werden.

Außerdem müssen bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag die Risiken klar und deutlich dargestellt werden. Dem Kunden muss in verständlicher und nicht verharmlosender Art und Weise insbesondere klar vor Augen geführt werden, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur ein „theoretisches“ ist, sondern abhängig von der Entwicklung des „Spreads“ real und ruinös sein kann, wohingegen die ihn beratende Bank schon im Ansatz ihr Verlustrisiko eng begrenzt, weil sich durch die Kappung der variablen Zinsen bei 0% keine „negative Zinszahlungspflicht“ des Kunden errechnen kann, die die auf 3% p.a. festgeschriebene Zahlungspflicht der Bank erhöhen könnte. Die Aufklärung, die in ihrer Intensität von den Umständen des Einzelfalls abhängt, muss bei einem so hochkomplexen Produkt gewährleisten, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will.

Dabei hat die Bank ihre Beratungspflicht bereits dadurch verletzt, dass sie nicht darauf hingewiesen hat, dass das Produkt von anfang an einen negativen Marktwert hatte.  Der von ihr bewusst strukturierte negative Marktwert stelle einen schwerwiegenden Interessenkonfliktdar, über den der Kunde informiert werden muss.

Schließlich hat die Bank  ihre Rolle als „Wettgegnerin“ der Klägerin nicht beibehalten, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch „Hedge-Geschäfte“ an andere Marktteilnehmer weitergegeben. Die weitere Entwicklung des „Spreads“ über die Laufzeit des Vertrages konnte der Beklagten nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat.

Die Bank hat diesen negativen Marktwert genau so berechnet, dass sie für die Abdeckung eines möglichen Verlustes genau für diese Summe einen Käufer oder Versicherer finden konnte.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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