Urteil des BGH vom 07.05.2013, X ZR 127/11
Was bisher geschah:
Die Klägerin hat bei der Beklagten einen Flug von Berlin über Madrid nach Costa Rica gebucht. Der Flug Berlin/Madrid hatte anderthalb Stunden Verspätung. Deswegen hat die Klägerin den Anschlussflug nach Costa Rica verpasst. Das Boarding war schon abgeschlossen. Sie kam dann erst am nächsten Tag nach Costa Rica.
Die Klägerin verlangt die pauschale Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) von 600,- EUR pro Person .
Die Fluggesellschaft wehrt sich mit dem bemerkenswerten Argument, dass der Flug von Madrid nach Costa Rica pünktlich gewesen sei. Es sei die Reisende gewesen, die zu spät in Madrid angekommen sei, dafür müsse die Fluggesellschaft nichts bezahlen.
Das merkwürdige: Dieser gänzlich eigenartigen Argumentation sind sowohl das Amtsgericht wie das Landgericht gefolgt.
Was das Gericht dazu sagt:
Die BGH-Richter gaben der Klägerin recht. Die vorinstanzlichen Urteile wurden aufgehoben, die Klägerin erhält die pauschale Ausgleichszahlung.
Wie nicht nur der BGH, sondern auch schon der Europäische Gerichtshof in mehreren Urteilen festgestellt haben, setzt der Anspruch nicht voraus, dass die Verspätung auf einer Verspätung des Anschlussfluges beruht. Es genügt, dass der verspätete Abflug des ersten Flugzeugs dafür ursächlich war, dass der Anschlussflug verpasst wurde. Dabei sei es, so der BHG, unerheblich, ob der Anschlussflug selbst verspätet ist oder überhaupt in den Anwendungsbereichen der Verordnung fällt.
Was das für die Praxis bedeutet:
Der BGH hat jetzt klargestellt, dass auch in Umsteigefällen die Fluggastrichtlinie der EU unbeschränkt gilt. Darüber hinaus gilt dies sogar dann, wenn etwa ein Anschlussflug außerhalb der EU verpasst wird, beispielsweise in Zürich oder Dubai, weil die in der EU gestartete Maschine verspätet war. Leider wird auch dieses Urteil nicht dazu führen, dass irgendeine Fluglinie freiwillig bezahlt. Auch künftig wird die Forderung nur im Wege eines Prozesses durchgesetzt werden können. In der Regel ist es so, dass die Fluglinie nach Erhebung der Klage – aber nicht vorher – die Zahlung leisten.
Unberührt bleibt von diesem Urteil, dass die Fluggesellschaften nur dann haften, wenn sie etwas für die Verspätung können. Das wird in der Regel nicht so gesehen bei Streiks oder, wie vor einigen Jahren, bei Vulkanasche in der Atmosphäre.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2013