Bundesverfassungsgericht Urteil vom 04.05.2011, 2 BvR 2333/08, 2 BvR 571/10 und 2 BvR 1152/10
Die Sicherungsverwahrung nach Ablauf der früher geltenden zehnjährigen Höchstfrist und die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist verfassungswidrig, so die Richter. Der Gesetzgeber muss bis 31. Mai 2013 eine grundgesetzkonforme Regelung schaffen. Bis dahin bleibt die bisherige Regelung mit Einschränkungen wirksam. Die Verwahrten müssen also nicht sofort freigelassen werden.
Die Sicherungsverwahrung und deren Fortdauer dürfen aber nur noch dann angeordnet werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen abzuleiten ist und der Täter an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Absatz 1 Nr. 1 des Therapieunterbringungsgesetzes (ThUG) leidet. Die Vollstreckungsgerichte müssen unverzüglich das Vorliegen dieser Voraussetzungen prüfen und anderenfalls die Freilassung spätestens zum 31. Dezember 2011 anordnen. Die übrigen Vorschriften über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung dürfen während der Übergangszeit nur nach strikter Prüfung der Verhältnismäßigkeit angewandt werden. Verhältnismäßig wird die Sicherungsverwahrung normalerweise nur sein, wenn die Gefahr künftiger schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten des Betroffenen besteht.
Das Gericht stützt seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass sich Sicherungsverwahrung und Strafhaft nicht ausreichend unterscheiden („Abstandsgebot“) und bei den Altfällen der Vertrauensschutz nicht gewahrt war.