Beschluss des OLG Stuttgart vom 29.03.2012, 14 W 2/12
Was bisher geschah:
Zwei Gesellschafter streiten über die Gültigkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Zur Aufklärung lädt der Richter alle Beteiligten. Der Geschäftsführer kam trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zur Gerichtsverhandlung. Der Richter sagte dann in der Verhandlung, er hätte es besser gefunden, wenn sich der Geschäftsführer der Diskussion gestellt hätte, statt „den Schwanz einzuziehen“.
Unser Geschäftsführer findet deswegen, der Richter sei befangen.
Was das Gericht dazu sagt:
Das Landgericht und auch das Oberlandesgericht waren der Ansicht, dass die beanstandete Äußerung eine „saloppe bis derbe Redensart“ darstelle. Die Äußerung müsse aber im Zusammenhang bewertet werden. Die Äußerung sei ersichtlich von der Enttäuschung geprägt, dass der Geschäftsführer nicht zum Termin erschienen war. Der Richter habe Vorstellungen über eine umfassende, gesamtwirtschaftlich vernünftige Einigung der Parteien gehabt und wollte diese mit den Parteien besprechen, was nicht möglich gewesen wäre.
Das sei auch nicht vergleichbar mit anderen Fällen, in denen der Richter wegen Befangenheit abgelehnt worden sei, etwa als ein Richter den Vortrag einer Partei als „Unsinn“ bezeichnete oder ein anderer sagte, dass man sich mit „solchen Kinkerlitzchen nicht aufhalte“ oder einer gar androhte, dass der Prozess verloren gehe, wenn man nicht ein bestimmtes Verhalten zeige.
Was das für die Praxis bedeutet:
Parteien werden damit leben müssen, dass Richter auch ihre Enttäuschung über ein Verhalten der Partei im Prozess deutlich und für jeden verständlich äußern.
Übrigens: Die Kosten dieses Verfahrens über die Befangenheit muss der Geschäftsführer bezahlen.
Quelle: Pressemeldung des OLG Stuttgart